Rechtsvorbeifahren auf der Autobahn stellt grundsätzlich eine grobe Verletzung der Verkehrsregeln dar und wird neben einer Geldstrafe auch mit einem Führerausweisentzug von mind. 3 Monaten geahndet. Das Bundesgericht verweigerte bis anhin die sinnvolle Auslegung des Ausnahmetatbestands „Fahren in parallelen Kolonnen“, hat dies nun aber in einem begrüssenswerten Entscheid nachgeholt: Ein Fahrzeuglenker wechselte auf der A1-Ost von der linken auf die mittlere und anschliessend auf die Normalspur der Autobahn und fuhr mit konstantem Tempo von 90 km/h rechts an den anderen Fahrzeugen vorbei. Während die Vorinstanz den Fahrer noch verurteilte, stellte das Bundesgericht klar, dass ein solches „passives“ Vorbeifahren im Kolonnenverkehr keine Verkehrsregelverletzung darstellt.

Das (passive) Rechtsvorbeifahren bei starkem Verkehr sei mittlerweile eine alltägliche Situation, die sich ohne dauerndes Abbremsen kaum vermeiden liesse. Kolonnenverkehr liegt demnach vor, wenn es zu einer derartigen Verkehrsverdichtung kommt, dass Fahrzeuge auf der Überholspur faktisch nicht mehr schneller vorankommen als diejenigen auf der Normalspur, mithin die gefahrenen Geschwindigkeiten annähernd gleich sind. Somit darf nach neuster höchstrichterlicher Praxis der Lenker auf der Normalspur bei „gleichbleibender Geschwindigkeit“ weiterfahren, auch wenn sich die Autos auf der Überholspur verlangsamen.

Bundesgerichtsurteil 6B_374/2015 vom 3. März 2016 (Link)