Rechtsanwalt Sandro Imhof analysierte für die Tageszeitung „20 Minuten“ einige rechtlich relevante Aspekte von Epilepsie im Strassenverkehr. Initiiert wurden die beiden Artikel durch ein Horrorszenario auf der Autobahn: Plötzlich erlitt der Lenker einen epileptischen Anfall und verlor die Kontrolle über das Fahrzeug. Der Beifahrer „B.“ sah sich gezwungen, vorsätzlich eine Kollision herbeizuführen, um das Fahrzeug zum Stillstand zu bringen (zum ersten Artikel v. 17.7.17: Er drückte aufs Gas und redete wirres Zeug):
B. hat durch sein Eingreifen mit Unfallfolge zwar die Verkehrsregeln verletzt, in diesem Fall dürfte er aber nicht mit einer Verurteilung rechnen müssen, sagt Rechtsanwalt Sandro Imhof, Experte für Strassenverkehrsrecht bei der Kanzlei Prof. Giger & Partner in Zürich. «Ein Beifahrer ist verpflichtet, nichts zu unternehmen, was die Bedienung des Fahrzeuges durch den Lenker beeinträchtigt. Hier ist das Verhalten aufgrund einer Notstandsituation aber gerechtfertigt, da er sich und den Fahrzeuglenker aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr gerettet hat.» Ob B. einen Führerausweis besitze oder nicht, spiele dabei keine wesentliche Rolle. B. habe auf der Autobahn nicht unbeschränkt Zeit gehabt, zu überlegen. Imhof: «Er musste sofort reagieren und das Auto zum Stehen bringen.»
Im online publizierten Folgeartikel v. 18.7.17 „Einen Anfall zu erkennen, ist schwierig“ präzisierte RA Imhof die Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstands und der fehlenden Schuldfähigkeit, mithin vor allem die Frage des Kenntnisstands des jeweils Betroffenen:
Passiert dies jedoch, während der Betroffene ein Fahrzeug lenkt, muss der Beifahrer reagieren, wie Rechtsanwalt Sandro Imhof, Experte für Strassenverkehrsrecht, erklärt. Im aktuellen Fall konnte B. so verhindern, dass das Auto etwa von der Fahrbahn abkommt oder in andere Fahrzeuge prallt. Somit hat er trotz einer Verletzung der Verkehrsregeln eine schlimmere Situation verhindert und dürfte damit aufgrund eines rechtfertigenden Notstands straffrei davon kommen.
Beim Fahrer selbst komme es darauf an, ob er von den Anfällen gewusst habe. «War ihm das nicht bewusst, ist mit der Einstellung des Strafverfahrens zu rechnen.» Dann ordne allerdings das Strassenverkehrsamt in der Regel eine Abklärung der Fahreignung an. «Wusste er, dass er einen Anfall bekommen könnte, wäre das Fahren eines Motorfahrzeugs grobfahrlässig, insbesondere wenn er sich nicht vorgängig von einem Arzt untersuchen liess.»