Per 1. Januar 2017 wurde das Kindesunterhaltsrecht revidiert. Nebst den direkten Kosten wie diejenigen für Nahrung, Kleidung und Wohnen des Kindes ist neu auch „Betreuungsunterhalt“ geschuldet. Dabei geht es um indirekte Kosten, welche entstehen, wenn ein Elternteil die Kinder selbst betreut und während dieser Zeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann.

Bis vor kurzem kam noch die sogenannte 10/16-Regel zur Anwendung. Danach musste der Elternteil, dem bei einer Trennung oder Scheidung die Kinder in Obhut gegeben wurden und der bislang keiner Erwerbstätigkeit nachging, ab dem 10. Lebensjahr des jüngsten Kindes ein Arbeitspensum von 50 % aufnehmen und eine Vollzeitstelle ab dessen 16. Lebensjahr.

Das Bundesgericht kam in seinem Entscheid (5A_384/2018 vom 21.09.2018) nun zum Schluss, dass diese Regel für den Betreuungsunterhalt nicht sachgerecht sei und auch nicht mehr der heutigen gesellschaftlichen Realität entspreche. Neu soll nun das Schulstufenmodell als Richtlinie zur Anwendung gelangen. Demnach soll der hauptbetreuende Elternteil ab der obligatorischen Einschulung des jüngsten Kindes grundsätzlich zu 50 % einer Erwerbsarbeit nachgehen, zu 80 % ab seinem Eintritt in die Sekundarstufe und zu 100 % ab vollendetem 16. Lebensjahr. Dies gelte künftig auch beim ehelichen oder nachehelichen Unterhalt zwischen verheirateten oder geschiedenen Eltern. Dem Charakter einer Richtlinie entsprechend, könne im Einzelfall aus zureichenden Gründen vom Schulstufenmodell abgewichen werden. Darüber hinaus, namentlich aber auch für Kinder im Vorschulalter, müsse der Richter prüfen, ob im konkreten Einzelfall vor- oder ausserschulische Betreuungsangebote bestehen, welche angemessen seien und von der persönlichen Betreuung entlasten können.

Das neue Schulstufenmodell verlangt damit die (Wieder-)Aufnahme der Erwerbstätigkeit des haupbetreuenden Elternteils um einiges früher als die bis anhin angewandte 10/16-Regel. Allein gestützt auf die geänderte Rechtsprechung wird ein bereits bestehendes Gerichtsurteil oder bestehender Unterhaltsvertrag nicht erfolgreich abgeändert werden können. Hierzu verlangt das Gesetz (Art. 286 Abs. 2 ZGB) die kumulativ vorliegenden Voraussetzungen einer erheblichen, dauerhaften und nicht vorhersehbaren Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsschuldners.

 

MLaw Fabian Voegtlin, Rechtsanwalt