Das Bundesgericht hat in einem lang erwarteten Entscheid festgehalten, dass Aufnahmen einer privaten Dashcam in einem Strafverfahren wegen einer Verletzung der Verkehrsregeln nur sehr eingeschränkt verwertbar sind. Das Erstellen von Aufnahmen im öffentlichen Raum aus einem Fahrzeug heraus, auf welchen Personen oder Autokennzeichen erkennbar seien, stelle ein heimliches Bearbeiten von Personendaten im Sinne des Bundesgesetzes über den Datenschutz dar. Eine Persönlichkeitsverletzung im Sinne dieses Gesetzes sei widerrechtlich, wenn kein Rechtfertigungsgrund – namentlich ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse – vorliege. Bei der Frage der strafprozessualen Verwertbarkeit eines Beweismittels seien primär der Strafanspruch des Staates und der Anspruch der beschuldigten Person auf ein faires Verfahren entscheidend.

Die Videoaufzeichnung erfolgte in Missachtung von Art. 4 Abs. 4 DSG und ist damit rechtswidrig. Die Vorinstanz qualifizierte das Verhalten der Beschwerdeführerin teils als einfache, teils als grobe Verletzung der Verkehrsregeln (Art. 90 Abs. 1 und 2 SVG). Dabei handelt es sich um Übertretungen und Vergehen, die nach der Rechtsprechung nicht als schwere Straftaten im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO zu qualifizieren sind (BGE 137 I 218 E. 2.3.5.2). Dieser Massstab ist auch bei der Verwertung privat erhobener Beweise anzuwenden (siehe oben, E. 2.2), was dazu führt, dass die Interessenabwägung zuungunsten der Verwertung ausfällt (…). Ob die zur Diskussion stehenden Aufzeichnungen rechtmässig durch die Strafverfolgungsbehörden hätten erlangt werden können, kann dabei offenbleiben.

Bundesgerichtsurteil 6B_1188/2018 vom 26. September 2019, Erwägung 4

Damit klärte das Bundesgericht insbesondere die Frage, ab wann der Strafanspruch des Staates die Interessen des Betroffenen überwiegt. Das Obergericht des Kantons Zürich stellte hierfür noch auf den Begriff des Bagetellfalls ab, der mit einer Grenze von 120 Tagessätzen eine erhebliche Schranke für die Einsetzung als amtlicher Verteidiger bzw. den Anspruch von mittellosen Personen auf einen unentgeltlichen Strafverteidiger statuiert. Die Bundesrichter stellten dagegen richtig, dass die Verwertung privater Aufnahmen einer Dashcam bloss bei Verbrechen in Frage kommt, im Strassenverkehr mithin bloss bei qualifiziert groben Verkehrsregelverletzungen bzw. dem sogenannten „Rasertatbestand“ von Art. 90 Abs. 3 SVG. 

RA Yann Moor